Bericht 20:  Die Wahrheit durch Kartoffelsäcke

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Vor drei Tagen sind wir in Brake an der Weser eingelaufen. Die ganze Zeit war mit Arbeit ausgefüllt gewesen. Vorgestern ging es aber  abends noch an Land  und in die Walfischbar am Deich, wo mir die Wirtin, kaum hatte ich auf eine Frage von ihr geantwortet, doch glatt ins Gesicht sagte: „Hör mal, du Grünschnabel, kannst du noch was anderes, als uns hier Lügen aufzutischen?“  



 

 

 Daraufhin habe ich mit ihr an diesem Abend kein Wort mehr gesprochen, denn was ich zur Wirtin  gesagt hatte, war die reine Wahrheit. Daraufhin fragte einer der mitanwesenden Kollegen, ob wir unser Lied anstimmen sollten, um zu zeigen, was wir können.

Dazu muss ich kurz die Geschichte erzählen, die vor 5 Tagen begann, als wir noch auf der Höhe vom Feuerschiff Borkum waren.  

 Es war nächtens sehr kalt, sehr nass, und alle Mann waren an Deck. Ich fror seit Stunden, war seit Stunden müde und seit Tagen durch und durch klamm. Da kam nur eine Lösung in Betracht: Sich unerlaubt  verdrücken. 

 

 Etwas geübt war ich darin schon, wie andere auch, mich nämlich im  Kartoffelschapp zu          verkriechen, wo jetzt nur noch leere Kartoffelsäcke lagen. Zwischen diesen suchte ich Schutz vor den Unbilden der düsteren Welt. Noch bevor ich zwischen Säcken tief und fest einschlief, bemerkte ein Neuankömmling: „Hier stinkt es aber mächtig nach Parfum“. Doch das kam nur noch im Halbschlaf bei mir an.

 Erst auf der Weser wachte ich wieder auf und nahm den Parfumgeruch wahr. Da dämmerte es mir: Die Schiffsführung hatte das Zeug in Mengen verschüttet, um Drückeberger zu identifizieren! Das war ein Schock! Wie lange würde ich unerkannt bleiben? Doch niemand kam und roch an mir oder anderen herum. Zu abgelenkt waren alle durch die Weserfahrt und das Festmachen an der Hafenanlage in Brake an der Unterweser.   

 So begab ich mich – zusammen mit einem Dutzend Kollegen - noch am Einlaufabend in die Walfischbar am Deich. Als dann plötzlich die Wirtin vor mir stand, da blaffte sie mich auch sogleich an: „Du verbreitest hier einen fürchterlichen Veilchenduft, sodass ich fragen muss, mit wem hast du denn geschlafen?“. Leicht irritiert sagte ich etwas stotternd wahrheitsgemäß: „Mit Kartoffelsäcken“, und das brachte mir den Vorwurf eines lügenden Grünschnabels ein, woraus sich die Gelegenheit ergab unseren „Pamir Song“ zu singen: Don’t cry for me Argentina. Schon nach der zweiten Strophe sangen andere Gäste mit, im Laufe des Abends alle, einschließlich der Wirtin. Das Lied war toll angekommen.

Sei’s drum. Die Wahrheit ist für Landratten manchmal verschroben. Das will ich mir für meine kommenden Urlaubstage merken.

 

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