Bericht 28: Besuch zum Weihnachtsabend 1955

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    Einen Tag vor Weihnachten hatten wir es geschafft, die Kanarischen Inseln waren passiert.

  Nach Deckschrubben und Anbringen der Sommersegel hatte vor drei Tagen der Passatwind eingesetzt und Sonnenschein die Vorherrschaft am Himmel erobert.

       Der Stimmung an Bord tat das nach sechs Wochen grauen Europas gut. Gleichwohl war die Jungcrew nervös, weil die beschlossene Weihnachtslichter- kette über die Masten hinweg noch nicht abschließend vorbereitet war.

 

           In Bremen hatten wir einige schon leicht nadelnde Tannenbäumchen an Bord genommen, aber auf einem Rahsegler kann man eine Festbeleuchtung besonders gut herausstellen, sagten sich die Schiffsjungen und holten die Zustimmung von oben dazu ein. Zwar waren rund 30 Petroleumlampen als Notbeleuchtung an Bord, doch wir hatten bei einem Höker hinter der Kneipe „Zum Vegesack“ noch weitere preiswert erworben und nach Weisung des Bootsmanns im Kabelgatt verstaut. So wurde nun kräftig an der Weihnachtsbeleuchtung gearbeitet.

            Und da Bootsmann, Maschinist und Segelmacher  uns mit Rat und Tat zur Seite standen, konnten wir am Samstagmittag, den 24. Dezember 1955, die Vorbereitungen abschließen. Nachdem auch die Kombüse Planerfüllung gemeldet hatte, war für 18 Uhr Festessen, um 19:30 Uhr Lichter-Anzünden  geplant und anschließend ein freizeitliches Zusammensein und Singen auf Luke Drei vorgesehen.


 

          Das Festessen war in Ordnung: es gab mehr Fleischbraten als sonst und selbstgemachte Eiscreme mit Erdbeersoße. Dann wurden die angezündeten Petroleumlampen in die Toppen gebracht und in die von uns vorbereiteten Halterungen auf allen Rah-Nocken und je vier auf den Royal Rahen gestellt. Dabei stand der Lampensockel in einer halbierten Dose, über deren Boden (durch zwei Löcher hindurch) ein dünner Draht gezogen war, mit dem die Dose sich auf der Rah in gutem Abstand zum Segel sicher befestigen ließ

      Alsbald erstrahlten alle Masten im Glanz von über 45 leuchtenden Lichtern über eine Höhe von 50 Metern und erzeugten in den prallen Segeln ein gedämpftes weit leuchtendes Licht. 

Von Deck aus bewunderten wir unsere Schöpfung von allen Seiten, und dann begann das Singen auf Luke Drei. Schnell war man vom „Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum“ weg und bei „What shall we do with the drunken Sailor“ und so weiter angekommen, als plötzlich ein Schiff auf Backbordseite und gleich darauf ein weiteres auf Steuerbordseite mit kräftigem Tuten unseren Gesang störte.

           Links war ein russisches und rechts ein amerikanisches Kriegschiff angedampft gekommen - und wir mit 3 Knoten Fahrt in der Mitte.  Der 2. Offizier trat mit Lichtmorsen in Kontakt mit der US-Navy, der Funker mit der Roten Flotte. Kurz darauf wurden wir mit viel Lob über unseren schönen „Weihnachtsbaum“ überschüttet und von den Schiffsführungen beider Kriegsschiffe gefragt, ob für zwei Stunden je 25 Mann an Bord kommen dürften, streng getrennt, kein Alkohol und keinerlei Kollaboration. Der Kalte Krieg ließ selbst an diesem Abend die Fronten nicht aufweichen.

        Die Erlaubnis wurde sofort erteilt und mit viel „Welcome“ oderДобро пожаловать halfen wir den Sailors entweder an Backbord oder Steuerbord über die ausgebrachten Fallreeps (Tauleitern mit Holzsprossen) an Bord zu kommen. Sie quittierten es wohlwollend, sorgfältig darauf achtend, ihre weißen Tropenuniformen nicht zu verschmutzten. Das Prozedere war schnell und ohne große Worte festgelegt: Keine Reden, nur Lied nach Lied, ein russisches, ein amerikanisches, ein deutsches, was jede Gruppe so konnte und die anderen sangen oder summten mit. Die Mutterschiffe unserer Sailors kamen uns immer näher. Schließlich dampften sie nur 50 Meter entfernt von uns rechts und links. An Deck standen die Besatzungsmitglieder der Großmächte aus dem Osten und  Westen und sangen mit. In dieser friedlichen, vom milden Passatwind getragenen Stimmung war Weihnachten angekommen.

         Doch als von der Glasenglocke zwei Doppelschläge zu hören waren, wurden die Gäste hektisch. Die Sailors müssten um 22:30 Uhr zum Zapfenstreich, gleichviel ob Ost oder West, angetreten sein. Sie bedankten sich kurz aber herzlich, erbaten, noch bis Mitternacht die Lichter brennen zu lassen und gingen jeweils in ihre Beiboote, die ständig in der Nähe mitgefahren waren. Das ging ziemlich flott. Waren wohl gut trainiert, die Jungs. Inzwischen stellten wir sicher, dass die Festbeleuchtung noch für zwei Stunden durchhielt.  Als unsere Blicke über die Weiten des nächtlichen Atlantiks schweiften, erkannten wir, dass inzwischen mehr als ein Dutzend Schiffe in unserer Nähe waren. Das spornte uns an, die Lampen alle noch einmal durchzuchecken und die Flammen optimal zu trimmen. Bis Mitternacht blieben wir im Zentrum vieler Schiffe, die gleich einer Armada langsam in südliche Richtung fuhren. Von uns war wohl keiner unter Deck, wir genossen die Stimmung. Wohl jeder genoss diesen Anblick!

                    Schließlich gab es doch noch eine große Überraschung. Zum viermaligen Doppelschlag der Schiffsglocke um Mitternacht setzten unsere beiden Kriegsschiffe ein riesiges Tut-Konzert in Gang. Dem schlossen sich alle Schiffe in Sicht- und Hörweite und auch wir an. Es war wie Sylvester an den Hamburger Landungsbrücken.

 Mit dem Löschen und dem Abbau der Lampen ging ein ungewöhnlicher Weihnachtsabend zu Ende. Am nächsten Tag, einem Sonntag, ließ es sich auch noch gut feiern: Er war insoweit arbeitsfrei, als dass wir zwar Wache schieben und die Segel bedienen mussten, uns aber Rostklopfen, Farbe waschen, Malen u.s.w. erspart blieb. Manche saßen bei Kaffee und Plausch für einige Zeit sogar unter einem richtigen Tannenbäumchen.





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Die PAMIR Speisekarte an Weihnachten 1945 in Vancouver


 

 The Sydney Morning Herald
Pamir - A Breath of Past Glory
By ANGUS SMALL
Saturday 14 December 1946
(Extract from end of article)

Christmas is another 'happy occaison'. Last Christmas printed over a photograph of the ship, included such interesting delicacies as "mermaid cocktail," "Moby Dick sardines," "trade wind olives," "potage Pacific," "flattery sauce," "roast Pamir turkey," "asparagus tips a la yardarm," and "Arctic creme   Aphrodite." The menu ended with the verse

'This our wish at the end
of the festive repast

That our shipmates take sail
clew up and make fast.

Pamir's future is obscure. At present she is under the New Zealand flag, and her Finnish owner's sighs for her do not seem to be having any effect. In fact, the latest suggestion is that she might be kept and turned into a training ship for New Zealand merchant navy trainees.

 

 


 



Als Buch in allen Buchhandlungen und Internetbuchshops
erhältlich:

Arnd B. Arnd

 PAMIR

1955/56.

Ein Bilderbuch

mit ein paar

Berichten des

Schiffsjungen

Arnd

40 Berichte auf
ca. 190 Seiten
Photochrome mit
über 200 Photos

Herstellung und Verlag:
Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN 9783848211319







 

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