Einen
Tag vor Weihnachten hatten wir es geschafft, die Kanarischen Inseln waren
passiert.
Nach Deckschrubben und
Anbringen der Sommersegel hatte vor drei Tagen der Passatwind eingesetzt und
Sonnenschein die Vorherrschaft am Himmel erobert.
Der Stimmung an Bord tat das
nach sechs Wochen grauen Europas gut. Gleichwohl war die Jungcrew nervös, weil
die beschlossene Weihnachtslichter- kette über die Masten hinweg noch nicht
abschließend vorbereitet war.
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In Bremen hatten wir einige schon leicht
nadelnde Tannenbäumchen an Bord genommen, aber auf einem Rahsegler kann man
eine Festbeleuchtung besonders gut herausstellen, sagten sich die Schiffsjungen
und holten die Zustimmung von oben dazu ein. Zwar waren rund 30 Petroleumlampen
als Notbeleuchtung an Bord, doch wir hatten bei einem Höker hinter der Kneipe
„Zum Vegesack“ noch weitere preiswert erworben und nach Weisung des Bootsmanns
im Kabelgatt verstaut. So wurde nun kräftig an der Weihnachtsbeleuchtung
gearbeitet.
Und da
Bootsmann, Maschinist und Segelmacher
uns mit Rat und Tat zur Seite standen, konnten wir am Samstagmittag, den
24. Dezember 1955, die Vorbereitungen abschließen. Nachdem auch die Kombüse
Planerfüllung gemeldet hatte, war für 18 Uhr Festessen, um 19:30 Uhr
Lichter-Anzünden geplant und
anschließend ein freizeitliches Zusammensein und Singen auf Luke Drei
vorgesehen.
Das
Festessen war in Ordnung: es gab mehr Fleischbraten als sonst und
selbstgemachte Eiscreme mit Erdbeersoße. Dann wurden die angezündeten
Petroleumlampen in die Toppen gebracht und in die von uns vorbereiteten
Halterungen auf allen Rah-Nocken und je vier auf den Royal Rahen gestellt.
Dabei stand der Lampensockel in einer halbierten Dose, über deren Boden (durch
zwei Löcher hindurch) ein dünner Draht gezogen war, mit dem die Dose sich auf
der Rah in gutem Abstand zum Segel sicher befestigen ließ
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Alsbald
erstrahlten alle Masten im Glanz von über 45 leuchtenden Lichtern über eine
Höhe von 50 Metern und erzeugten in den prallen Segeln ein gedämpftes weit
leuchtendes Licht.
Von Deck aus
bewunderten wir unsere Schöpfung von allen Seiten, und dann begann das Singen
auf Luke Drei. Schnell war man vom „Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum“ weg und bei „What
shall we do with the drunken Sailor“ und so weiter angekommen, als plötzlich
ein Schiff auf Backbordseite und gleich darauf ein weiteres auf Steuerbordseite
mit kräftigem Tuten unseren Gesang störte.
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Links
war ein russisches und rechts ein amerikanisches Kriegschiff angedampft
gekommen - und wir mit 3 Knoten Fahrt in der Mitte. Der 2. Offizier trat mit Lichtmorsen in
Kontakt mit der US-Navy, der Funker mit der Roten Flotte. Kurz darauf wurden
wir mit viel Lob über unseren schönen „Weihnachtsbaum“ überschüttet und von den
Schiffsführungen beider Kriegsschiffe gefragt, ob für zwei Stunden je 25 Mann
an Bord kommen dürften, streng getrennt, kein Alkohol und keinerlei
Kollaboration. Der Kalte Krieg ließ selbst an diesem Abend die Fronten nicht
aufweichen.
Die
Erlaubnis wurde sofort erteilt und mit viel „Welcome“ oder „Добро пожаловать“ halfen wir den
Sailors entweder an Backbord oder Steuerbord über die ausgebrachten Fallreeps
(Tauleitern mit Holzsprossen) an Bord zu kommen. Sie quittierten es
wohlwollend, sorgfältig darauf achtend, ihre weißen Tropenuniformen nicht zu
verschmutzten. Das Prozedere war schnell und ohne große Worte festgelegt: Keine
Reden, nur Lied nach Lied, ein russisches, ein amerikanisches, ein deutsches,
was jede Gruppe so konnte und die anderen sangen oder summten mit. Die
Mutterschiffe unserer Sailors kamen uns immer näher. Schließlich dampften sie
nur 50 Meter entfernt von uns rechts und links. An Deck standen die
Besatzungsmitglieder der Großmächte aus dem Osten und Westen und sangen mit. In dieser friedlichen,
vom milden Passatwind getragenen Stimmung war Weihnachten angekommen.
Doch
als von der Glasenglocke zwei Doppelschläge zu hören waren, wurden die Gäste
hektisch. Die Sailors müssten um 22:30 Uhr zum Zapfenstreich, gleichviel ob Ost
oder West, angetreten sein. Sie bedankten sich kurz aber herzlich, erbaten,
noch bis Mitternacht die Lichter brennen zu lassen und gingen jeweils in ihre
Beiboote, die ständig in der Nähe mitgefahren waren. Das ging ziemlich flott. Waren
wohl gut trainiert, die Jungs. Inzwischen stellten wir sicher, dass die
Festbeleuchtung noch für zwei Stunden durchhielt. Als unsere Blicke über die Weiten des
nächtlichen Atlantiks schweiften, erkannten wir, dass inzwischen mehr als ein
Dutzend Schiffe in unserer Nähe waren. Das spornte uns an, die Lampen alle noch
einmal durchzuchecken und die Flammen optimal zu trimmen. Bis Mitternacht
blieben wir im Zentrum vieler Schiffe, die gleich einer Armada langsam in
südliche Richtung fuhren. Von uns war wohl keiner unter Deck, wir genossen die
Stimmung. Wohl jeder genoss diesen Anblick!
Schließlich gab es doch noch eine große Überraschung. Zum viermaligen
Doppelschlag der Schiffsglocke um Mitternacht setzten unsere beiden
Kriegsschiffe ein riesiges Tut-Konzert in Gang. Dem schlossen sich alle
Schiffe
in Sicht- und Hörweite und auch wir an. Es war wie Sylvester an den
Hamburger
Landungsbrücken.
Mit dem
Löschen und dem Abbau der Lampen ging ein ungewöhnlicher Weihnachtsabend zu
Ende. Am nächsten Tag, einem Sonntag, ließ es sich auch noch gut feiern: Er war
insoweit arbeitsfrei, als dass wir zwar Wache schieben und die Segel bedienen
mussten, uns aber Rostklopfen, Farbe waschen, Malen u.s.w. erspart blieb.
Manche saßen bei Kaffee und Plausch für einige Zeit sogar unter einem richtigen
Tannenbäumchen.
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Zum
Bericht 29
Zu allen
Berichten Teil III
Die PAMIR Speisekarte an Weihnachten 1945 in
Vancouver
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The Sydney Morning Herald
Pamir - A Breath of Past
Glory
By ANGUS SMALL
Saturday 14 December 1946
(Extract from end of
article)
Christmas is another 'happy occaison'. Last Christmas printed over a photograph of the ship, included such interesting delicacies as
"mermaid cocktail," "Moby Dick sardines," "trade wind olives," "potage
Pacific," "flattery sauce," "roast Pamir turkey," "asparagus
tips a la
yardarm," and "Arctic creme Aphrodite." The menu ended with the
verse
'This our wish at the end
of the festive repast
That our shipmates take sail
clew up and make fast.
Pamir's future is obscure. At present she is under the New Zealand flag, and her Finnish owner's sighs for her do not seem
to be having any effect. In fact, the latest suggestion is that she might be kept
and
turned into a training ship for New Zealand merchant navy trainees.
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