Bericht 40: Letzte Etappe nach Hamburg

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 Nach Falmouth hatte unsere Maschine genügend Treibstoff und wir wieder einen gewohnten Speiseplan. Nach zwei Monaten nur unter Segeln oder in Flauten erlaubte die Ablieferung unserer Getreideladung keinen weiteren Aufschub. Das hieß unter Maschine zu fahren, Segel wurden nur gesetzt, wenn dadurch eine höhere Geschwindigkeit erreicht wurde. So fuhren wir fast wie ein Dampfer. bis nach Dover und von dort Richtung Feuerschiff „Elbe 1“.

 

  Ruhiger wurde die Zeit nicht. Tagsüber waren alle Mann mit allem Möglichen beschäftigt, um das Schiff beim Einlaufen in Hamburg gut aussehen zu lassen. Und dann bereitete sich jeder persönlich auf das Ende der Reise vor, insbesondere diejenigen, die abmustern sollten. Das betraf alle Azubis, die bereits seit der zweiten Reise an Bord waren und nicht in die Stammbesatzung übernommen werden sollten. Ich gehörte zu den Abgängern.

  Das geschäftsmäßige Treiben wurde zweimal unterbrochen: Das erste Mal, als wir an einem sonnigen Nachmittag die Straße von Dover durchquerten. Da setzten wir alle Segel, um den vielen Schiffen, Yachten, Booten und Touristen auf den weißen Klippen von Dover das imposante Bild eines Flying-P-Liners zu geben. Das kam gut an, wie man dem Tut-Konzert und vielem Gewinke entnehmen konnte.

Alle Segel wurden ein weiteres Mal bei dem niederländischen Feuerschiff Texel gesetzt, obwohl der Wind zu gering war, um Schubkraft zu bewirken. Wollte der Kapitän der Feuerschiffsbesatzung eine Freude machen? Nein! Der Kapitän traf diese Entscheidung, als bekannt wurde, dass wir in einer Stunde unserem Wettbewerber um das Blaue Band der Nordsee begegnen würden. Mann, haben wir uns ins Zeug gelegt, alle Segel in knapp einer Stunde zu setzen und zu trimmen. Kaum geschafft, tauchte die SS “United States“ von Bremerhaven kommend am Horizont auf. Mit 35 Knoten rauschte sie auf uns zu.

 
Schnell wurden noch alle Signalflaggen verteilt, und damit winkten wir dem Ozeanriesen zu, als wir auf gleicher Höhe waren. Wir begrüßten uns mit je drei langen Tönen aus dem Schiffshorn und dippten die Nationalflaggen.
Auch ein Funkspruch traf ein: „Was a fine match! Hope we can one day compete on the North Atlantic route. Take care! Master”, las unser Kapitän vor und teilte uns mit, was er antworten würde: “We are ready! Hope to see you soon again. Was nice to meet you. Good luck!“. Während die SS “United States“ südwärts rauschte, stellte sich bei uns Westwind mit Windstärke Bft. 5 ein, und so rauschten auch wir - aber unter vollen Segeln - auf Feuerschiff Elbe 1 zu.

 Schnell hatten wir die Elbe in der frühen Abenddämmerung erreicht und begannen, unter Motor die Elbe aufwärts zu fahren. Wir fuhren so, dass wir am mittleren Vormittag bei Glückstadt waren; denn Sonntag, der 6. Juni 1956, versprach ein sonniger Tag zu werden. Und so war es auch.

 Ab Glückstadt begleiteten uns viele Boote, ab dem Willkommhöft in Wedel begrüßten uns die Hamburger vom Elbuferweg. Auf dem Anleger Teufelsbrück konnte ich meinen Geschwistern und Freunden zuwinken. Auf der Landungsbrücke am Elbtunnel wurden wir von tausenden Schaulustigen sowie Hafenbarkassen, Feuerlöschbooten, Zollkuttern und Polizeibooten willkommen geheißen. Dann lagen wir plötzlich an einem einsamen Getreidesilo.

 Nach dem Löschen der Getreideladung ging es in die Werft Blohm & Voß. Nun hatte ich noch zwei Dinge vor, bevor ich morgen am 11. Juni abmustern würde: als erstes packen, dann Abschied nehmen von einigen Kumpels in der Kneipe von Tante Hermine. Dort in der Haifischbar am Fischmarkt kamen wir früh gegen 21 Uhr an. Bis 23 Uhr würden wir so gut wie allein sein, denn dann ging hier das Leben erst los. So hatte Tante Hermine viel Zeit für uns und wir für sie. Wir erzählten einige unserer Erlebnisse und sie erzählte Döntjes und manches Seemannsgarn sehr gekonnt. Wir hielten uns an die Wahrheit, bei ihr bogen sich die Kneipenbalken. Vieles war einfach hanebüchen, was aber nach jedem weiteren Bier den Spaß, ihr zuzuhören, erhöhte.  Doch unsere Berichte reklamierte sie immer häufiger.                                                                         

Schließlich sagte sie: „Was ihr so erzählt, ist ziemlich langweilig. Wenn ihr’s nicht besser könnt, dann lassen wir es lieber!“ So schlugen wir ihr vor, die in der Ecke plärrende Musik auszuschalten und unseren Hit anzuhören. So geschah es, dass wir „Don’t cry for me Argentina“ schmetterten, erst einstimmig, dann zweistimmig, und die immer voller werdende Haifischbar machte mit, bis 23 Uhr. Dann mussten wir zur letzten Hafenfähre.

 Mir war es recht. Morgen wird ein langer Tag. Abmustern von der Pamir. Bye! Bye! Die kommenden Tage mussten gut genutzt werden, denn in einer Woche geht es mit einem großen Stückgutdampfer nach Australien.

 
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