Vom
ersten Tag an wurden uns Sicherheitsmaßnahmen eingebläut. „Eine Hand für dich
und eine Hand für das Schiff“.
Verboten war, auf einer Rah zu stehen oder ohne
Lifebändsel in den Masten zu arbeiten. Das war ein leicht geteerter Tampen mit
einem Karabinerhaken an einem Ende. Diesen Tampen befestigte man mit einem
Pahlstek um den Bauch mit einem Abstand zwischen Knoten und Haken von ca. 50
cm. Wer sich oben in der Rah einklickte,
hing im Ernstfall dann im Mast, fiel aber
nicht 20, 30 oder 50 Meter in die
Tiefe aufs Deck oder in die See. Safety first!
Wir Neuen warteten gespannt auf die ersten Bootsmanöver. „ Bald!“ hieß es,
„aber erst in den Mallungen am Äquator, wenn kein Wind mehr weht, dann haben
wir mehr Zeit für das aufwendige Manöver, eines der sechs Holzboote ins Wasser
zu lassen.“ Auf unserem Schiff sei das im Vergleich mit der Titanic ein
größeres Problem. Für vier von den sechs Booten brauchte man einige Zeit, und
erst dann konnten zwei weitere Boote fertiggemacht werden. Bei Schlagseite
fällt die Hälfte der Boote –vermutlich-
ohnehin aus. Weil es schon auf der Titanic nicht gut geklappt hatte, tat man
gut, über unsere Rettungsboote nicht zu grübeln. Im Überlebenstraining kam es
auch anders als gedacht.
Ohne Vorwarnung
mussten die Schiffsjungen eines Morgens mit ihren Hängematten bei Luke 4 und 5
auf der Steuerbordseite antreten. Wir wurden
instruiert, wie Hängematten verschnürt werden, um das geringst mögliche
Volumen einzunehmen. Darüber hinaus könne die aus festem Segeltuch bestehende
Hängematte, gefüllt mit Matratze, Decke und Kopfkissen, wenn gut zu einer Tube
geschnürt, wie eine Rettungsboje wirken, jedenfalls für eine kurze Zeit. Dann wurden wir aufgefordert, unsere
Hängematten neu und möglichst optimal zu schnüren, ganz eng, fest und rund, mit
der Maßgabe, dass die Besitzer der am schlechtesten verschnürten Hängematten,
mit leichter Bekleidung und einer Leine um den Bauch, die Tragfähigkeit mit einem Sprung außenbords selber prüfen
mussten. Obwohl ich mit aller Kraft gezurrt, gepresst und gedrückt hatte, gehörte ich, wie konnte es auch anders
sein, zur Gruppe der Testpersonen.
Mit langer Leine um den Bauch, gehalten von zwei Mann,
sprang ich mit 15 anderen, die Hängematte wie eine Geliebte umklammernd, in das
weite Meer. Welch eine Premiere! Ein kleiner Mann im riesigen Atlantik! Wie auf
einer Planke schwebte ich auf dem Ozean. Nicht lange zwar, aber doch lange genug, um diesen
Augenblick nie wieder zu vergessen. Ich hörte kein Rufen mehr, nicht das schadenfrohe Gelächter der Kollegen an Bord.
Zu schön war das Gefühl der Leichtigkeit auf den Wellen, die nicht
bedrohlich wirkten, sondern mich fast liebevoll aufgenommen hatten in ihrer
uferlosen Weite. Dann riss und zog man
mich mit dem nassen Sack in die Wirklichkeit zurück und wieder an Bord.
Diese beeindruckende Übung machte mich zum
aller-erst-klassigsten Hängematten-Verschnürer!
Von nun an lag sie perfekt
gepackt im Hängemattenschapp, einem Stauraum über der Rudermaschine.
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