Die Ausbildung ging
voran. Wir konnten die Masten, Rahen, Segel und Leinen von unten nach oben und
von oben nach unten flöten. An den Azoren flogen wir mit kräftigen 5 Beaufort vorbei. Wir mussten weder wenden noch halsen.
Unsere Tage wurden mehr und mehr von Routine bestimmt. Die wochentägliche Arbeitszeit war von 08 Uhr bis
17 Uhr mit einer Stunde Mittagspause. Die Deckswachen - je vier Stunden (00-04
Uhr; 04-08 Uhr und 08-12 Uhr, usw) - wechselten täglich unter den vier
Azubi-Gruppen. Frühstück, Mittag und Abendbrot wurden jeweils in der Freizeit
eingenommen, wobei je Gruppe zwei Leute als Backschafter abgestellt waren, die
die Tische vorbereiteten, das Essen holten und den Abwasch machten.
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Die persönliche
Körper- und Klamottenpflege war vom Salzwasser
geprägt. Die Seife schäumte nicht und beim Zähneputzen mag ja Salz nicht
schaden, aber der Pfefferminzgeschmack der Zahnpasta leidet schon. Eine ständige
Herausforderung waren die regelmäßigen Inspektionen der Spinde, Hängematten und
unserer Unterkunftsräume.
In dem gerade mal
einen Reisekoffer großen Spind sollte höchste Ordnung herrschen, und das wurde
peinlichst inspiziert. Über Türleisten und sonstige Ecken wurde mit dem Finger
gefahren und schon mehr als einmal gefragt: „Was
ist das? Dreck!“. Egal welche Rüge, das Verdikt traf die ganze Korona, denn
alle mussten nun bis zur Nachkontrolle
warten, bevor man die Hängematten
aufhängen und schlafen gehen konnte.
Langsam gewöhnte man
sich auch ans Wecken. Die Wachen werden rund 30 Minuten vor Wachbeginn meistens
mit dem Text geweckt:
„Reise,
reise, aufstehe!
Lüfte das Gatje, lüfte das Bein,
ein jeder will der Erste sein“.
Es gab wenig Spielraum, man musste raus, weil viel Krach
und Bewegung rundum ein Verweilminütchen kaum zuließ. Höchst unangenehm und
gemeingefährlich ist es, wenn man, noch in der Hängematte liegend, einen Tritt
ins Kreuz bekommt. Das wirkt im Halbschlaf besonders schwer und führt zu Mordgelüsten!
Inzwischen hat sich
der Tagesablauf schon recht gut eingependelt. Vor Nachtwachen hat man alsbald
seine Hängematte verstaut und ist 10 Minuten vor Wachablösung vor dem
Schiffsmittelaufbau mit Großmast, Ruder- und Kartenhaus an Luke 2, Backbordseite,
eingetroffen. Die abzulösende Wache steht gegenüber auf der Steuerbordseite.
Der alte und der neue Wachoffizier stehen auf dem Mitteldeck und schauen aus 3
Meter Höhe herunter. Dann wird vom Rudergänger die Schiffglocke zur vollen
Stunde mit vier Doppelschlägen angeschlagen, d, h. um vier, acht und zwölf Uhr.
Das markiert den Wachwechsel.
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