Wind und Meeresstrom begünstigten uns,
seit wir die Äquatorline überquert und runter an die süd-brasilianische Küste
fuhren. Gestern hatte ich zum ersten Mal einen Albatros gesehen, der
majestätisch am Himmel hing und uns vielleicht bemitleidete, wie viele
Klamotten wir hochziehen mussten, um aus Wind Energie zu machen.
Auch ich
bemitleidete ihn ein wenig, denn die ganze Stunde, die er da backbord querab am
Himmel stand, war er allein, kein Albatros,
keine Albatrossin, nicht einmal eine Möwe begleiteten ihn, und fliegende Fische gab es
auch nicht mehr.
Doch heute
morgen auf meiner Frühwache von 04-08h, sofort nach Sonnenaufgang um 06:27h, zeigte
sich das Meer in einer grünlichen Farbe. Kräftige Sturmmöven beäugten uns
intensiv. Warum, das wurde bald klar.
Als der Kochsmaat irgendetwas in Lee über die
Bordkante warf, stürzten sich die Möwen ins Meer. Das hatte der Albatros nicht
gemacht, obwohl gestern und auch sonst immer irgendwann jemand etwas ins Meer
warf.
Im Laufe des Tages wurden die Vögel kleiner,
zunächst so wie Lachmöwen, dann Stare,
Lerchen und schließlich kamen auch ein paar Papageien. Doch dafür
interessierte sich von der Schiffsführung und den Matrosen niemand.
Sie wollten
ein paar Wildenten fangen, die es - tief fliegend - nur weit vor der Küste südlich von Sao Paulo
bis Montevideo gibt. Da standen sie nun an der Reling auf der Nagelbank mit
Sicherheitsleine um den Bauch und einem leichten Netz in der Hand im halben
Dutzend.
Zur
Nachmittagskaffeezeit kamen die Enten
und flogen mitunter in einer dreier bis
sechser Formation in 2 bis 10 Meter über dem Meer an der Bordwand von rechts nach links oder von
links nach rechts vorbei. Die zu Jägern
gewordenen Seeleute warfen dann schnell ihre Netze wie Lassos in die Flugbahn.
Trotz viel gezeigten Schwungs und mehrere Versuche gingen nur sieben Enten ins
Netz. Das war zu wenig, um mehr als die Schiffsführung zu versorgen. Mit Federrupfen
durften sich vier Decksjungen der Wache 16 bis 20 Uhr befassen, eingewiesen vom
Koch persönlich. Wir lernten schnell: Eine
Ente schaffte ich in 14 Minuten. Dann kam meine Ablösung, denn ich hatte
Rudertörn.
Wir segelten hart in einem mäßigen
Südwestwind. In der Richtung lag auch
unser Bestimmungshafen Paranagua (25°39’ Süd; 48°31’ West). Ich musste mächtig
arbeiten, um das Schiff auf Kurs und am Wind zu halten. Noch vor Wachende muss
das Schiff auf einen westlicheren Kurs gewendet werden, instruierte der Kapitän den Wachoffizier, die
nachfolgende 20-24 Uhr Wache solle für das Manöver schon eine halbe Stunde
früher an Deck kommen.
Dann hörte
ich noch, dass wir morgen früh um 09 Uhr den Lotsen an Bord nehmen würden. Das brachte einen Ruck durch die
Mannschaft, und auch die Freiwachen
strömten an Deck, als es hieß: „An die
Brassen und Winden!“ Wir legten ein schnelles Wendemanöver hin. Mit Kurs WNW
steuerten wir direkt auf unseren Löschhafen zu.
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