Bericht 26: Begehrt- Kontakt zur Kombüse

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Gleich hinter Luke 2 und Vorkante Mittschiffsaufbau war die Kombüse. Die jeweilige Deckwache, bestehend aus Anfängern und Stammbesatzung, war nur wenige Meter von der Kombüse entfernt. Wenn sie nicht an Gordingen, Brassen und Gaitauen zogen oder die Masten tobten, mussten sie sich auf der Ladeluke 2 aufhalten. Wenn weder der Koch noch der Kochsmaat (ein Schlachter) oder der andere Kochsmaat (ein Bäcker) den Raum bewachten, war schon schnell mal etwas Essbares weg. Dazu gab es drei Wege in die Kombüse: Zwei Seitentüren vom linken und rechten Mittelschiffsgang und drei Bullaugen mit Blick auf Luke 2. Ein Apfel, zwei Brötchen oder ein Pudding für den Kapitän konnten so gelegentlich verlustig gehen.

 Während der kalten und windigen Tage, die wir seit Bremen und trotz unseres Südkurses seit gestern Mittag in der Biskaya hatten, war die Kombüse während der Nachtstunden unser Revier. Dann waren die drei Köche weg und wir waren für die Kochplatte verantwortlich, die von  einer Gangwand zur anderen Gangwand reichte und von Ölbrennern beheizt wurde. Hier war es warm, hier mochte jeder sein. Regelmäßig musste kontrolliert werden, ob die Brenner funktionierten. Denn wie sonst auch üblich, backte der Bäcker Brötchen und Brot in der Früh. Auch stand immer schon ein 100 Liter Topf mit Wasser und ‚vielem Allerlei’ zum Vor-sich-hin- Kochen auf dem Herd, um eine Suppe zu werden. In den Vormittagstunden durchrührte der Koch die Suppe ausgiebig, während in seinem linken  Mundwinkel  ständig eine seiner qualmenden Pfeifen hing.

 

 

Schon auf der letzten Reise soll von einigen Mitgliedern der Stammbesatzung moniert worden sein, dass die Suppe häufig nach Tabak rieche. Wie ernst die das meinten, weiß ich nicht. Noch vor dem Ende der letzten Reise habe der Koch gefragt, wie denn heute die Gemüse-Kraftbrühe so sei. „Ganz gut“, habe er zur Antwort erhalten. Doch bald machte das Gerücht die Runde, dass zum außergewöhnlich guten Geschmack der Suppe die 11 Pfeifen des Kochs beigetragen hätten. Selbiger habe sie als würzende Zutat dem Kochvorgang für einige Stunden beigefügt. Auf dieser Reise hat bisher noch keiner über die Suppe gemeckert.

 

 

 

Manchmal wurde die Kochplatte auch als Sportplatz genutzt. Es ging entweder um Lautstärke oder Schnelligkeit. Ausgangslage war, dass wir grässlich viele Kakerlaken, auch bekannt als Küchenschaben, an Bord hatten, besonders in der Kombüse. Eine richtige Plage. Da konnte man zweierlei tun, sie plattdrücken oder an einem sportlichen Wettstreit beteiligen. Das ging so vonstatten: Wenn während der Nachtwachen keine Arbeit anlag, fing man im Umfeld der Kombüse einige Kakerlaken. Dann traten zwei bis vier Personen vor den Herd und warfen einer nach dem anderen je eine auf eine glühende Stelle. Wessen Wurf am lautesten knallte hatte gewonnen. Oder man ließ sie laufen, die Biester, die als das schnellste krabbelnde Insekt gelten. Es ging der Reihe nach. Aufgesetzt am Herdrand, rannten sie zur Stelle unter der die Ölflamme loderte, die blöden Biester. Wir zählten nur: eins zwei, drei…Irgendeinen Sieger oder Verlierer gab es immer.

 Ansonsten ist die Kombüse für uns tabu. Weder mit Kartoffelschälen oder sonstigen Bemühungen haben wir Chancen, Vorteile zu ergattern. Dazu fühlte sich die Kochgarde mit den Mitgliedern der Stammbesatzung und den Leuten darüber sehr viel mehr verbunden. Gleichwohl gibt es bisher auch keinen Grund zum Klagen. Wir Azubis sind von einem Hungerleiderleben meilenweit entfernt und bleiben es hoffentlich auch.

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