Gleich hinter Luke 2 und Vorkante Mittschiffsaufbau war
die Kombüse. Die jeweilige Deckwache, bestehend aus Anfängern und
Stammbesatzung, war nur wenige Meter von der Kombüse entfernt. Wenn sie nicht
an Gordingen, Brassen und Gaitauen zogen oder die Masten tobten, mussten sie
sich auf der Ladeluke 2 aufhalten. Wenn weder der Koch noch der Kochsmaat (ein
Schlachter) oder der andere Kochsmaat (ein Bäcker) den Raum bewachten, war
schon schnell mal etwas Essbares weg. Dazu gab es drei Wege in die Kombüse:
Zwei Seitentüren vom linken und rechten Mittelschiffsgang und drei Bullaugen
mit Blick auf Luke 2. Ein Apfel, zwei Brötchen oder ein Pudding für den Kapitän
konnten so gelegentlich verlustig gehen.
Während der kalten und windigen Tage, die wir seit Bremen und trotz unseres Südkurses seit
gestern Mittag in der Biskaya hatten, war die Kombüse während der Nachtstunden
unser Revier. Dann waren die drei Köche weg und wir waren für die Kochplatte
verantwortlich, die von einer Gangwand
zur anderen Gangwand reichte und von Ölbrennern
beheizt wurde. Hier war es warm, hier mochte jeder sein. Regelmäßig musste
kontrolliert werden, ob die Brenner funktionierten. Denn wie sonst auch üblich,
backte der Bäcker Brötchen und Brot in der Früh. Auch stand immer schon ein 100
Liter Topf mit Wasser und ‚vielem Allerlei’ zum Vor-sich-hin- Kochen auf dem
Herd, um eine Suppe zu werden. In den Vormittagstunden durchrührte der Koch die
Suppe ausgiebig, während in seinem linken
Mundwinkel ständig eine seiner
qualmenden Pfeifen hing.

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Schon auf der letzten Reise soll von einigen Mitgliedern
der Stammbesatzung moniert worden sein, dass die Suppe häufig nach Tabak
rieche. Wie ernst die das meinten, weiß ich nicht. Noch vor dem Ende der
letzten Reise habe der Koch gefragt, wie denn heute die Gemüse-Kraftbrühe so
sei. „Ganz gut“, habe er zur Antwort erhalten. Doch bald machte das Gerücht die
Runde, dass zum außergewöhnlich guten Geschmack der Suppe die 11 Pfeifen des
Kochs beigetragen hätten. Selbiger habe sie als würzende Zutat dem Kochvorgang
für einige Stunden beigefügt. Auf dieser Reise hat bisher noch keiner über die
Suppe gemeckert.
Manchmal wurde die Kochplatte auch als Sportplatz
genutzt. Es ging entweder um Lautstärke oder Schnelligkeit. Ausgangslage war,
dass wir grässlich viele Kakerlaken, auch
bekannt als Küchenschaben, an Bord hatten, besonders in der Kombüse. Eine
richtige Plage. Da konnte man zweierlei tun, sie plattdrücken oder an einem
sportlichen Wettstreit beteiligen. Das ging so vonstatten: Wenn während der
Nachtwachen keine Arbeit anlag, fing man im Umfeld der Kombüse einige
Kakerlaken. Dann traten zwei bis vier Personen vor den Herd und warfen einer
nach dem anderen je eine auf eine glühende Stelle. Wessen Wurf am lautesten
knallte hatte gewonnen. Oder man ließ sie laufen, die Biester, die als das
schnellste krabbelnde Insekt gelten. Es ging der Reihe nach. Aufgesetzt am
Herdrand, rannten sie zur Stelle unter der die Ölflamme loderte, die blöden
Biester. Wir zählten nur: eins zwei, drei…Irgendeinen Sieger oder Verlierer gab
es immer.
Ansonsten ist die Kombüse für uns tabu. Weder mit
Kartoffelschälen oder sonstigen Bemühungen haben wir Chancen, Vorteile zu
ergattern. Dazu fühlte sich die Kochgarde mit den Mitgliedern der Stammbesatzung
und den Leuten darüber sehr viel mehr verbunden. Gleichwohl gibt es bisher auch
keinen Grund zum Klagen. Wir Azubis sind von einem Hungerleiderleben meilenweit
entfernt und bleiben es hoffentlich auch.
Zu Bericht 27
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Berichten Teil III
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